Romanzement

»Wir gestalten unsere Zukunft nach den Erkenntnissen aus der Vergangenheit.«
(Thomas Hobbes, 1588 - 1679, Philosoph)

Bürgerhäuser der Gründerzeit in Wien mit willkürlichem Farbenspektrum

Bislang wurden die Fassaden der Gründerzeit europaweit vergleichsweise stiefmütterlich behandelt. Und werden sie teilweise auch heute noch.

Erst mit Beginn des international besetzten Forschungsprojektes Rocem Roman cement to restore built heritage effectively (EVK4-CT-2002-00084, Zeitraum: 2003 – 2006) der Europäischen Union hat ein Umdenkprozess eingesetzt. Zehn Partner verschiedener Institutionen aus 6 europäischen Ländern forschten unter polnischer Projektleitung über die Wiederentwicklung des wohl bedeutendsten und doch nahezu vergessenen Baustoffes und Bindemittels dieser Epoche.
Die Ergebnisse der Forschung waren überaus überzeugend, sodass wir mit einem Anschlussprojekt beauftragt wurden. Diesmal mit insgesamt 14 Partnern aus 7 Ländern unter österreichischer Leitung und dem Projektnamen: Rocare - Roman Cements for Architectural Restauration to New High Standards (FP7-208-1, Project number 226898, Zeitraum: 2009 – 2012)

Aus einem historischen Musterbuch für Bauzier-Elemente
ehem. Justizpalast in L'viv/Ukraine: 2-wöchiges Seminar zur Fassadenuntersuchung, Restaurierungskonzept und Musterachse
Valere Castle in Sion/Schweiz: Vorstellung des Forschungsprojektes/Romanzement und Workshop zur Mauersanierung
Eine Vielzahl an Formen und Dekor aus Gußelementen, die sich, wenn sie freigelegt und gereinigt sind, auch nach über 100 Jahren meist in einem hervorragenden Zustand befinden

Neben dem Studium der spezifischen Materialeigenschaften des Vorgängers heutigen Portland Zementes, der Neuentwicklung zeitgemäßer Produktionsprozesse und der eigentlichen Produktion selbst unter wirtschaftlich vertretbaren Bedingungen, liegt ein wesentlicher Schwerpunkt auf der Wiederentdeckung von Handhabung und Anwendungstechnik. Dieser Part befindet sich hauptsächlich im Aufgabengebiet von uns Restauratoren unter den Projektpartnern. Natürlich würde unser Wissensvorsprung einen Wettbewerbsvorteil bedeuten. Trotzdem bemühen wir uns, diese neue und dennoch alte Technologie im Rahmen von Seminaren und Workshops auch anderen Nationen und Kollegen zur Verfügung zu stellen.


Nachgüsse aus entsprechend naturfarbenem Romanzement

Jetzt ist die Zeit aber reif: gemeinsam mit meinem Team bin ich nun in der Lage, Bauten der Gründerzeit nicht interpretatorisch zu renovieren, sondern auf hohem Niveau und vor allem materialgerecht zu restaurieren. Die Verarbeitung von Roman Zement in historischer Rezeptur ist zwar nicht einfach. Wer sich aber darauf einlässt, entwickelt sehr rasch eine große Liebe zu diesem großartigen Baustoff und Bindemittel.


Ein Sortiment verschiedener Typen von Roman Zement mit unterschiedlichen Farbnuancen steht uns inzwischen zur Verfügung. Damit kann im Bedarfsfall gewährleistet werden, die im ausgehenden 19. Jhdt. übliche Materialsichtigkeit wieder zu erreichen.

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